Formaldehyd im Fertighaus: Grenzwerte und Haftung

Marcus Hoffmann

Marcus Hoffmann

13. Juni 2025

Interessieren Sie sich für ein Gebäude aus den Baujahren 1960 bis 1990? Dann könnten Sie einem unsichtbaren Problem gegenüberstehen: Formaldehyd. Dieser oft geruchlose Stoff ist in vielen alten Fertighäusern zu finden und kann Ihre Gesundheit stark beeinträchtigen. Doch wie erkennen Sie eine Formaldehydbelastung, welche Grenzwerte sind relevant und wer haftet eigentlich für die Schäden? Dieser Artikel beleuchtet die wichtigsten Fragen fasst zusammen, wie deutsche Gerichte die Situation sehen.

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Formaldehyd im alten Gebäude: Woher kommt es und welche Risiken birgt es?

Formaldehyd war in der Vergangenheit besonders in Pressspanplatten enthalten, die in Fertighäusern der 60er, 70er, 80er und 90er Jahre verwendet wurden. Auch nach viele Jahren kann dieser Stoff noch aus den Materialien ausgasen und die Innenraumluftqualität erheblich verschlechtern und bei zu hohen Werten sogar eine gesundheitsgefährdung verursachen.

Die gesundheitlichen Auswirkungen von Formaldehyd sind vielfältig und reichen von harmlos klingenden Symptomen bis zu ernsthaften Erkrankungen. Typische Formaldehyd-Symptome umfassen:

  • Reizungen der Augen und Atemwege
  • Kopfschmerzen, Müdigkeit und Konzentrationsstörungen
  • Husten und Atembeschwerden
  • In seltenen Fällen sogar ein erhöhtes Krebsrisiko

Manchmal bemerken Bewohner einen stechenden Geruch, doch oft bleibt die Formaldehyd-Belastung unbemerkt – eine tückische Gefahr, da bei Formaldhyd der begründete Verdacht besteht „krebserregend“ (kanzerogen) zu sein.

Schwellwerte im Detail: Was ist erlaubt und was nicht?

Die Beurteilung einer Formaldehydbelastung erfolgt anhand verschiedener Werte. In Deutschland gibt es leider keinen gesetzlichen und damit juristisch belastbaren Grenzwert in Bezug auf die Formaldehyd-Belastung im Innenraum. Das Umweltbundesamt (UBA) hat über einen angegliederten Ausschuss als RICHTWERT eine Belastung von 100 µg/m³ für die Innenraumluft definiert. Dieser Belastung (auch RWI genannt) sollte man aber nicht länger als 30 Minuten ausgesetzt sein, was deutlicht macht, dass dieser Wert im Sinne der Gesundheitsvorsorge nicht als idealer Vorsorgerichtwert dienen kann.

In einigen anderen europäischen Ländern wurden folgende Richwerte bei einer Langzeitbelastung abgeleitet:

Land/InstitutionRichtwert
langzeit
Richtwert
kurzzeit
Deutschland (UBA) 100
WHO (2010)100
WHO (1982) 60 
Frankreich (VGAI)50 
Skandinavien60100
Österreich60100
Schweiz 100

In Deutschland ist der Richtwert des Umweltbundesamtes (UBA) von 100 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³) maßgeblich. Doch es gibt einen entscheidenden Unterschied zum früheren WHO Formaldehyd Richtwert von 1982, welcher bei 60 µg/m³ lag. Der WHO-Wert ist strenger, da er sich auf die Langzeitbelastung bezieht und den Schutz sensibler Personengruppen im Fokus hat. Eine Konzentration zwischen 60 und 100 µg/m³ wird vom UBA als „Handlungsbedarf“ eingestuft, was bedeutet, dass Maßnahmen zur Absenkung der Formaldehyd-Konzentration ergriffen werden sollten.

Für die juristische Bewertung einer relevanten Formaldehydbelastung hat sich ein konkreter Wert als De-facto-Standard in der Rechtsprechung etabliert: eine Konzentration von 0,1 ppm (parts per million) in der Raumluft, was etwa 124−125 µg/m³ entspricht. Dieser Wert geht auf eine Empfehlung des Bundesgesundheitsamtes aus dem Jahr 1977 zurück und wird von den Gerichten seither konstant als maßgebliche Schwelle herangezogen, um zu bestimmen, ob ein Sachmangel vorliegt.

Hier zeigt sich eine signifikante Diskrepanz zwischen der juristischen Praxis und dem aktuellen Stand der umweltmedizinischen und baubiologischen Wissenschaft. Während die Gerichte aus Gründen der Rechtssicherheit am etablierten Wert von 0,1 ppm festhalten, stufen moderne wissenschaftliche Gremien diesen Wert als zu hoch ein. Das Umweltbundesamt (UBA) hat den Richtwert I (Vorsorgewert) für Formaldehyd bereits 2016 auf 100 µg/m³ (ca. 0,08 ppm) gesenkt und hält selbst einen Zielwert von 60 µg/m³ (0,05 ppm) für wünschenswert, um besonders empfindliche Personengruppen zu schützen.Zertifizierungssysteme für nachhaltiges Bauen wie DGNB oder Gütesiegel wie der „Blaue Engel“ legen noch strengere Kriterien an.

Daraus ergibt sich eine „Konformitätslücke“: Eine Immobilie kann den juristischen Anforderungen genügen (d.h. unter 0,1 ppm liegen) und dennoch nicht den heutigen Standards für ein gesundes Wohnumfeld entsprechen. Für Käufer bedeutet dies, dass das Ziel, einen Rechtsstreit zu gewinnen, und das Ziel, ein gesundheitlich unbedenkliches Zuhause zu erwerben, nicht deckungsgleich sind und unterschiedliche Maßstäbe erfordern. Die rechtliche Auseinandersetzung orientiert sich an einem m alten Leitwert, während die persönliche Risikobewertung auf modernen, strengeren Empfehlungen basieren sollte.

Haftung bei Formaldehydbelastung: Wer zahlt für die Sanierung?

Die Frage der Haftung bei Formaldehyd ist komplex, besonders bei älteren Immobilien. Generell gilt: Der Verkäufer muss auf Mängel hinweisen, die ihm bekannt sind. Bei einem alten Haus kann es jedoch sehr schwierig sein, einen Nachweis über die Kenntnis (Arglistige Täuschung) der Belastung zu erbringen.

„Sachmangel“ der Immobilie bei Formaldehyd: Was das BGB sagt

Beim Immobilienkauf definiert §434 BGB einen Sachmangel, wenn die Immobilie bei Übergabe nicht die vereinbarte oder gewöhnliche Beschaffenheit aufweist. Bei Schadstoffen wie Formaldehyd bedeutet das: Die bloße Anwesenheit der Substanz allein ist kein Mangel.

Entscheidend ist die Konzentration in der Raumluft. Ein Sachmangel liegt erst vor, wenn die Formaldehydbelastung eine gesundheitlich bedenkliche Schwelle überschreitet. Es geht also nicht um das „Ob“, sondern um das „Wie viel“ des Formaldehyds in der Atemluft. Dies macht eine präzise Messung und ein Sachverständigengutachten unerlässlich für jede rechtliche Bewertung. Ein Formaldehyd Gutachten spielt hier eine entscheidende Rolle. Es dient als Beweis für die vorhandene Belastung und kann die Basis für rechtliche Schritte bilden. Ohne eine professionelle Schadstoffmessung und ein fundiertes Gutachten sind Ihre Chancen, Ansprüche durchzusetzen, leider oft gering. 

Der „Haftungsausschluss“ beim Immokauf und seine Grenzen

Nahezu jeder Kaufvertrag über eine gebrauchte Immobilie enthält jedoch eine Klausel zum Ausschluss der Sachmängelhaftung, oft formuliert als „gekauft wie gesehen“ oder unter Verweis auf den gebrauchten Zustand des Objekts. Diese Klausel schließt die Haftung des Verkäufers für die meisten Mängel, die dem Käufer bei der Besichtigung nicht aufgefallen sind, wirksam aus.

Dieser umfassende Haftungsausschluss hat jedoch eine entscheidende gesetzliche Grenze, die in §444 BGB verankert ist. Der Verkäufer kann sich auf den Haftungsausschluss nicht berufen, wenn er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat. Da Garantien in der Praxis selten sind, konzentriert sich die juristische Auseinandersetzung bei versteckten Mängeln wie einer Schadstoffbelastung fast immer auf die Frage der arglistigen Täuschung.

Der hohe Beweisstandard: Positives Wissen und Vorsatz auch „arglistige Täuschung bezeichnet

In Rechtsstreitigkeiten um Schadstoffe in gekauften Fertighäusern, besonders bei Formaldehydbelastung, ist die arglistige Täuschung des Verkäufers entscheidend. Es geht nicht primär um den Nachweis der Kontamination, sondern um den Beweis von Wissen und der Absicht des Verkäufers.

Arglist bedeutet hier mehr als Fahrlässigkeit: Der Verkäufer muss den Mangel – also die gesundheitsgefährdende Formaldehydkonzentration oder starken Geruch – positiv gekannt und vorsätzlich verschwiegen haben. Er muss sich bewusst gewesen sein, dass der Käufer bei Kenntnis des Mangels den Vertrag nicht oder anders abgeschlossen hätte.

Die Beweislast liegt dabei komplett beim Käufer. Er muss sowohl den Mangel als auch das Wissen und den Vorsatz des Verkäufers beweisen. Die Rechtsprechung legt hier extrem strenge Maßstäbe an, was dies zur größten praktischen Hürde für betroffene Käufer macht.

In diesem Dokument finden neben aktuellen und relevanten Urteilen auch eine ausführlicherer Darlegung dieses Artikels

Was tun bei Formaldehyd? Raumluftmessung, Sanierung und Prävention

Wenn Sie eine Formaldehydbelastung in Ihrem Fertighaus der Baujahre 1960er bis 1990er vermuten, ist der erste und wichtigste Schritt eine professionelle Formaldehyd Messung . Nur eine qualifizierte Raumluftuntersuchung durch einen Sachverständigen kann Klarheit schaffen und Ihnen zeigen, ob Handlungsbedarf besteht.

Sollte eine erhöhte Konzentration festgestellt werden, gibt es verschiedene Sanierungsmöglichkeiten, um die Formaldehyd Quellen zu entfernen und die Innenraumluftqualität zu verbessern. Dies reicht von speziellen Beschichtungen über eine verbesserte Lüftung bis hin zur umfassenden Formaldehyd Sanierung 

Fazit & Ihr Weg zu einem schadstofffreien Zuhause

Eine Formaldehydbelastung ist ein ernstes Thema, das Ihre Gesundheit und die Werterhaltung Ihrer Immobilie beeinflussen kann. Doch Sie sind dem nicht hilflos ausgeliefert! Mit den richtigen Informationen und professioneller Unterstützung können Sie die Schadstoffbelastung in Ihrem Zuhause in den Griff bekommen.

Bevor Sie sich nachträglich mit einem teuren und unsicheren Rechtsstreit beschäftigen, macht im Vorfeld eine orientierende Raumluftmessung wirtschaftlich deutlich mehr Sinn.

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